Onkel Maike – The Artist: „Rethinking Food Fotography“

Ich bin ja jetzt seit drei Beiträgen Foodfotograf. Da wird es langsam Zeit, dass ich das Genre revolutioniere. Food Fotography as we know it is over! Irgendwas kochen und hübsch fotografieren können alle. „Kreativität“, das autonom agierende „Genie“, solche Gedanken müssen überwunden werden. Plagiate sind soziale Konstrukte: Es gibt nichts Neues, Alles ist schon da – Wir können nur das bereits Bestehende aus immer wieder neuen Perspektiven betrachten. Gesagt, getan: Ich präsentiere ein Foto von Lollies, die ich bewusst nicht selber gekocht, sondern im Kaufland gegen Geld eingetauscht habe. Die Sensibilität der Zeichnungen auf den Lutschern, gepaart mit der absoluten Banalität des Supermarktmassenprodukts. Das kunstvolle, feinsinnige Dessin, sein munteres Farbenspiel kollidiert mit dem Profanen des Kauflandkontextes. Hier werden in kühner Virtuosität Gegensätze kombiniert, die uns unmittelbar in eine unendliche Reflektionsspirale stürzen. Daneben stelle ich ein Foto vor, das ich aus meinem neuen Kochbuch abfotografiert habe: „Kürbisse mit Zitronenkruste“ – Ein Bild, so nichtssagend, dass es schon wieder alles sagt und uns sprachlos zurücklässt.

gedreht„Lolli-Komposition“ – Courtesy of the Kaufland

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„Echtes Foto aus ernstgemeintem Kochbuch“ – Courtesy of „Genussvoll Vegetarisch“ von Yotam Ottolenghi – Sieht doof aus, ne?

Onkel Maike – Foodfotograf

Ich habe mir ein Kochbuch gekauft. Öfter mal kaufe ich Sachen aus den falschen Gründen. Wein, zum Beispiel, suche ich vor allem danach aus, ob mir das Etikett gefällt. Das Kochbuch kaufte ich primär wegen des skurrilen Namens des Autors. Der heißt nämlich „Ottolenghi“. Genau genommen Yotam Ottolenghi. Ottolenghi gilt als hip (oder auch schon nicht mehr – hippe Sachen kriege ich eigentlich immer erst mit, wenn sie nicht mehr hip sind). Er ist jüdischer Herkunft, hat eine italienisch und eine deutsche Oma, wuchs in Jerusalem auf und zog dann nach London. Da lernte er dann den, ebenfalls aus Jerusalem stammenden, palästinensischen Koch Sami Tamimi kennen. Schon wieder so ein schöner Name. Die beiden warfen ihre Kochstile und -traditionen zusammen, kreierten eine neue west-östliche aufregende Küche und gründeten vier inzwischen sehr berühmte Restaurants. Außerdem schrieben sie einige Kochbücher, die allesamt sehr hohe Auflagen erreichten. Eines dieser Kochbücher, es heißt „Genussvoll Vegetarisch“, wurde erfolgreich (die Geschichte ist aber auch zu schön) an mich vermarktet. Viele Rezepte verlangen Zutaten, die ich gar nicht von selber Zuhause habe und erst kaufen musste. Zum Beispiel „Sumach“ oder „Zatar“. Nachdem ich daher gestern lange beim Einkaufen unterwegs war, zitierte ich heute den befreundeten Onkel in die Küche, um die beiden Rezepte „Gemüsesuppe mit Petersilienklößchen“ und „Gebackene Auberginen mit Buttermilchdressing und Granatapfelkernen“ mit mir zu kochen. Er trat auch freundlich den Dienst an, ließ lediglich beiläufig fallen, dass vegetarisch Kochen ja nun nicht gerade sein Kerninteressengebiet sei und es kam nur zu wenigen unfreundlichen Wortwechseln. Um die Geschichte abzukürzen: Ottolenghi ist sicher ein guter Koch, ich möglicherweise eher nicht so. Nach ungefähr vier Stunden (mein Assistent war nach zwei Stunden gegangen), kündigte ich kleinlaut an, wir sollten vielleicht besser eine Pizza bestellen. Der zum Boyfriend zurückbeförderte Ex-Gehilfe kam zum Trösten herbeigeeilt und aß tapfer Gemüsebrühe mit albernen Klößchen. Die Suppe war nicht schlimm, aber wohl keine vier Stunden Aufwand wert. Über das zweite Gericht soll hier lieber der Mantel des Schweigen gedeckt werden. Dafür hatte ich in der langen Zeit des Auberginenbackens und Kloßteig-Gehenlassens etc. viel Muße, mich meinem neuen Hobby, der Foodfotografie, zu widmen. Lebensmittel haben oft schöne Farben (und sehen, wenn ein guter Ausschnitt gewählt wird, manchmal richtig unheimlich aus).

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Bester Blog der Welt entdeckt!

Oft liegt Genialität ja im Einfachen. „Also, da hättich doch auch drauf kommen müssen/können.“, sagt man sich. Biste aber nicht! So auch hier. In dem Blog „Amateurkochfotos.tumblr.com“ werden „Foodfotos von Menschen, die keine Foodfotografen sind“ präsentiert. Die meisten via Chefkoch.de. Der Autor verfeinert die eh schon saulustigen Bilder mit lakonischen Kurzkommentaren, wie „Nein, Alberto, ich möchte Deine Eierrolle nicht probieren.“. In einigen Fällen muss auch das Rezept zum Foto gelesen werden, insbesondere beim „Flaschenfleisch“ (Zutaten: 1Kg Fleisch, eine Flasche Sauce, 200ml Sahne – zusammenschütten und eine Stunde in den Ofen, fertig. Das unsublimste Kochrezept aller Zeiten). Nichts für Zartbesaitete, aber wir sind vor Lachen fast vom Stuhl gefallen. Zwei meiner Favoriten: Diese unerfreuliche „Pizza oder auch das „gefüllte Kraut“. Ich lege es aber sehr nahe, den ganzen Blog durchzuscrollen, nur dann kann sich die Lustigkeit voll entfalten. Dank an den befreundeten Onkel fürs Zeigen.

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via Amateurkochfotos.tumblr.com

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via Amateurkochfotos.tumblr.com