Córdoba und ein Restaurantbesuch

Córdoba ist schön. Das hätte ich nicht gedacht. „Córdoba“ klingt doch dunkel, nach Stierblut, engen Gassen und einer idealen Kulisse für einen finsteren Film von Luis Buñuel über die inzestuöse spanische Bourgeoisie mit Catherine Deneuve, der ein Bein amputiert werden muss, und den ich auf keinen Fall gucken wollen würde. Stellt sich raus: Das hatte ich mit Toledo verwechselt. Córdoba ist hell, voller Apfelsinenbäume, weiß-bunter mosaikverzierter Häuser, maurischer Architektur, sandsteinfarbener katholischer Kirchen, einer berühmten romanischen Brücke und der noch berühmteren „Mezquita-Catedral“. Von den ehemals 300 Synagogen ist leider nur noch eine übrig (sagt Wikipedia).

Die  Mezquita-Catedral auch „Moschee/Kathedrale von Córdoba“ oder „Kathedralmoschee“ von Córdoba genannt, ist die ehemalige Hauptmoschee aus der Epoche des maurischen Spaniens und jetzt eine katholische Kathedrale. Der riesige Betsaal ist durch Hufeisenbögen in 19 etwa gleich hohe Schiffe mit bis zu 36 Jochen aufgeteilt. Das habe ich von Wikipedia abgeschrieben. Einfacher gesagt, diese sehr große „Kirche“ ist voll von diesen rot-weißen Bögen, von denen die Emire und Kalifen von Córdoba nach und nach immer mehr gebaut haben. Es ist beeindruckend. Nach der Reconquista haben die Katholiken dann einfach ein dickes gotisches KIrchenschiff mitten in die Halle gesetzt. So dieser schwülstige katholische Stil mit viel Gold und Klimbim, der sich aber erstaunlich gut in die Umgebung der schlichten Bögen einfügt. Zumindest architektonisch funktioniert die maurisch-katholische Ökumene hervorragend. Seit 1984 ist die Mezquita-Catedral Unesco-Weltkulturerbe.

Da läge es doch nahe, dieses einzigartige Bauwerk in irgendeine Form von interreligiösem Gotteshaus umzuwidmen. Das wollte aber der örtliche katholische Bischof nicht. Als Grund führte er (laut Wikipedia) an, die Mezquita sei auf den Fundamenten einer Westgotischen Kathedrale errichtet worden und eine derartige Neubestimmung daher abzulehnen.

Die Idee für meinen Aufenthalt in Córdoba kam übrigens aus einer New York Times, die ich mir in Madrid gekauft hatte. Dort riet ein Artikel, „36 Hours in Córdoba“ zu verbringen. Es lohne sich. Unter anderem empfahlen sie, im Restaurant „Almunaìda“ einzukehren und zum Beispiel die Schinkenkroketten zu probieren (die spanische Küche ist insgesamt sehr schinkenlastig). Ich liebäugelte mir der Idee, dort vorbeizugehen. Wann hat man als kölsche Kleinbürgerin schonmal die Gelegenheit, einem Restaurant-Tipp der NYT zu folgen? Zum Reservieren hatte ich keine Lust, aber wer weiß, vielleicht wäre das ja an einem Montag Mittag, Anfang Januar, gar nicht nötig. Und als ich dann dort ankam, hatten sie direkt einen Tisch für mich.

Das Restaurant würde ich als gediegen spanisch-bürgerlich beschreiben. Dunkles Holz, friedliche Jazzmusik, moderat-gehobene Preise, „normales“ Publikum, sehr freundliche Kellner (allerdings sind die Leute immer alle freundlich). Ich bestellte als Vorspeise Anchovis mit Mango und als Hauptspeise Auberginen mit Feta und Minze, dazu Mineralwasser und ein Glas Hauswein (das klingt jetzt doch frugaler als es mir vorkam) und harrte neugierig-freudig der Dinge, die da kommen würden.

Die Anchovis mit Mango sind dann eine leichte Enttäuschung, weil sie mir einfach zu herb. Aber egal, das gehört ja zum Probieren dazu, ich esse brav auf und freue mich über eine neue Erfahrung. Die richtige Katastrophe ereignet sich dann beim Hauptgericht. Ich bekomme eine große Schüssel mit frittierten Auberginenstäbchen serviert. Damit hatte ich nicht gerechnet. Das „ein frittierter Berg von“ muss ich auf der Speisekarte überlesen haben. Ich probiere ein, zwei Stäbchen und gerate leicht in Panik, das sind viel zu viele Auberginen, die kann ich auf gar keinen Fall alle aufessen. Was mache ich nun? Es hilft nur eins, ich schaufele unauffällig eine Handvoll der Auberginen auf den Tellerrand und von da in ein Taschentuch, das ich in meine Mütze verstecke, die auf meinem Rucksack liegt, den ich neben meinen Stuhl an die Wand gestellt habe. Und dann noch eine Handvoll. Ich glaube, ich blieb unentdeckt (das muss ich glauben, man stelle sich vor, das hätte jemand gesehen, wenn das die New York Times wüsste, was für ein Desaster!). Den Rest der Auberginen esse ich auf und hadere:

„Maike, warum gerätst Du nur immer wieder in diese unverhofften Krisensituationen. Kompletter unforced error mal wieder!“, schelte ich mich. Es ist ja nicht so, dass mir sowas das erste Mal passiert. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen qualvollen Nachmittag in einem Straßenrestaurant in Palermo. Unerschrocken und weltoffen wie ich nun mal gerne wäre, hatte ich, ohne näher nachzufragen, worum es sich dabei handeln könnte, den „Fisch des Tages“ bestellt, der sich dann als ein großer Haufen zähen Knorpeltiers herausstellte. Sicherlich eine Delikatesse, an mich aber verschwendet. Auch hier ließ ich Teile der Mahlzeit in meiner Tasche verschwinden. Es wäre mir undenkbar, weil viel zu beschämend und unhöflich, etwas zu bestellen und dann unberührt zurückgehen zu lassen. Ich bin ja grundsätzlich nicht schüchtern und gern auch konfrontativ, solange im Recht. Aber freundliches Restaurantpersonal brüskiere ich nur äußerst ungern, wenn der Fehler auf meiner Seite liegt.

Wenn ich der Situation dann heile irgendwie entronnen bin, nehme ich mir diese Kalamitäten auch nicht mehr übel. Wer was Neues erfahren will, erzielt halt nicht nur angenehme Erlebnisse. Das liegt wohl in der Natur der Sache.

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