Horst Seehofer oder warum schlechte Politiker gut sind

Eigentlich habe ich alles Relevante zu Horst Seehofer neulich schon aufgeschrieben. Wir könnten uns anderen Themen zuwenden. Leider hat die Weltöffentlichkeit nicht auf mich gehört und spricht immer noch über ihn.

Horst hat jetzt seinen (Teil)-Rücktritt angekündigt. Ich wiederhole es nochmal: Es ist ganz egal, ob er seine Ämter niederlegt oder nicht. Wenn er das tut, wird die CSU aus ihrem reichen Fundus einfach ein anderes rechtspopulistisches Alphamännchen-Arschloch an seine Stelle als Parteivorsitzenden und/oder Innenminister setzen.

Viele Menschen meinen irrigerweise, es sei eine schöne Nachricht, wenn Horst Seehofer seine politischen Aktivitäten einstelle. Sie begründen das damit, dass der Heimathorst ein inkompetenter, verwirrter, zorniger und narzisstischer alter Opa sei und es doch zuträglicher wäre, ein Mensch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte hätte diese ganzen verantwortungsvollen Ämter inne (oder wenigstens ein Jurist). Aber diese Haltung ist nicht mehr zeitgemäß.

Heutzutage gilt: Je verwirrter, gemeiner und egomanischer eine Person, desto geeigneter ist sie auch für eine politische Führungsposition. Wir sehen das an Donald Trump: Er interessiert sich nicht besonders für Politik, insgesamt eigentlich hauptsächlich für sich selber und am liebsten schaut er Fernsehen. Beim Golfspielen schummelt er. Wenn ihn jemand kritisiert, hört er noch viel weniger zu als sowieso schon. Zur Not bezichtigt er missliebige Äußerungen der Unwahrheit.

Wir sind einfach noch an Politiker*innen gewöhnt, die sich keine Blößen geben und keine Schwäche eingestehen wollen. Dabei ist es doch das, was wir alle so schrecklich finden und die Talkshows so unerträglich macht. Dass die Menschen Trumps Offenheit mögen, kann ich nachvollziehen. Dazu kommt: Er ist halt wie wir. Wütend, überfordert, narzisstisch und gut verlieren kann niemand (eines meiner dunkelsten Geheimnisse ist ja, wie ich mal einen Sechsjährigen beim Monopoly beschummelt habe). Eigentlich ist es doch richtig, dass so jemand die Bürger*innen repräsentiert und nicht beispielsweise ein Überflieger wie Barack Obama. Keine*r ist so ein hyperbegabter cooler Swagger wie Barack – Außer er selbst. Das ergibt wenig Identifikationspotential. (Wobei es schon ein bisschen lustig ist, am Beispiel von Trump und Obama zu vergleichen, welche Fähigkeiten und Qualifikationen ein afroamerikanischer Mann einerseits und ein weißer Mann andererseits für das selbe Amt mitbringen mussten. Man erinnere sich auch an George Bush Junior.).

Inkompetente Politiker*innen weisen einen weiteren Vorteil auf: Es ist nicht so überraschend und auch nicht so tragisch, wenn sie scheitern. Ein kleiner Vergleich macht es deutlich. Obamas Bilanz ist niederschmetternd und hochenttäuschend. Bis auf Obamacare können nur Elend und Verwüstung bilanziert werden: Drohnenkrieg, Totalüberwachung, Libyen in Schutt und Asche gebombt, Destabilisierung des Nahen Ostens nicht aufgehalten, sondern vorangetrieben und immer Beef mit Bibi; um nur das zu nennen, was mir spontan ohne Googeln einfällt.

Betrachten wir hingegen Trump: Im Grunde sind wir doch dankbar und positiv überrascht, dass er noch keinen dritten Weltkrieg angezettelt hat, mashallah. Mit seiner Kritik an der deutschen Exportpolitik hat er sogar recht. Ja, Trump ist ein übler white supremacist, befeuert Rassenunruhen, hasst Frauen und die Umwelt. Aber hat Obama in den Feldern Rassismus-, Sexismus- oder Naturzerstörungsbekämpfung politisch Besseres erreicht? Ich habe Zweifel. Trump stärkt wenigstens die Widerstandskräfte in der Bevölkerung.

Ich persönlich finde eine kluge Politikerin, die versagt, trauriger als eine unfähige. Trump erzeugt natürlich ärgerliche Gefühle. Zum Beispiel, wenn er nach jedem Amoklauf fordert, dass die Bevölkerung besser bewaffnet werden sollte. Wenn ich mir aber anschaue, was die SPD mit einem fleißigen, begabten Menschen wie Andrea Nahles angestellt hat, macht mich das mehr als nur ärgerlich. Ein Vorsitzender Xavier Naidoo hätte die Partei auch nicht besser herunterwirtschaften können. „Hartz Vier abschaffen!“, lautet die neueste politische Idee der Sozialdemokrat*innen. Das klingt sinnvoll, aber auch äußerst unglaubwürdig. Warum jetzt? Was genau ist darunter zu verstehen? Was kommt stattdessen? Das gute arme Leute-Gesetz? „Hartz Fünf natürlich!“, antwortet Mrs. Columbo auf meine Frage. Na, dann ist ja alles klar.

Hinterlasse einen Kommentar